Texte


„Selbstliebesinn“

Ein Mensch braucht um zu liegen, zu sitzen oder zu laufen was?

Einen Boden darunter, und einen Gleichgewichtssinn. 

Ohne einen Boden unter uns sind wir nicht in der Lage, irgendetwas zu tun, wir fallen ins Bodenlose. Deshalb ist unsere Mutter Erde die Grundlage, der Boden für alles im Außen. Wir kommen aus ihr und wir werden wieder zu ihr… und dazwischen können wir auch nicht ohne sie leben.

Im Außen ist uns dies recht einfach klar zu machen, können wir sie doch sehen und spüren, unter uns. Und wer einmal unfreiwillig den Boden unter den Füßen verloren hat und durch die Luft gewirbelt wurde, so wie mir dies einmal bei einem Motorradunfall passiert ist, der weiß wie sich das anfühlt und wie froh man ist, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen.

Nun gut, also was im Außen für mich die Erde und unser Gleichgewichtssinn ist, ist im Inneren für mich das Herz und die damit verbundene Liebe.

„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, damit sagte uns Jesus ganz klar, was die Grundlage, der Boden für alles ist. In dem Maß, wie ich es lerne, mich selbst zu lieben und mich darin zu verankern, kann ich raus gehen in die Welt und meine Mitmenschen und alles was auf dieser Welt existiert, lieben.

Ich persönlich denke, dass wenn Jesus heute leben würde, er seinen Satz erweitern und umdrehen würde, nämlich auf: „Liebe Dich selbst sowie alles was existiert“. Nun gut, aber das sind ja nur Wortspielereien.

Zurück zum Thema der Selbstliebe, dem Boden für jegliche Entwicklung unseres Menschseins. Warum? Nun, weil immer wenn ein Mensch aus der Liebe zu sich selbst heraus fällt, er nicht mehr in der Lage ist, liebevoll zu denken, zu fühlen und zu handeln. Und es damit seine Pflicht ist, sich zuerst wieder in dieser Liebe zu sich selbst zu verankern. Also quasi dafür zu sorgen, das er wieder Boden unter die innerlichen Füße bekommt... den Selbstliebesinn üben. 

Ohne diese Liebe zu sich selbst wird alles Denken, Fühlen und Handeln meist destruktiv und verletzend! Zu lernen zu spüren, wo der Punkt ist, wo ich aus dieser Selbstliebe heraus falle, ist deshalb äußerst wichtig! Genauso wichtig wie im Außen zu spüren, wenn einem jemand zum Beispiel einen Teppich unter den Füßen wegzieht und man in diesem Moment alles andere sein lassen muss, um sich aufzufangen und wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Und so ist es eine große Herausforderung, immer wach zu sein und zu spüren: Bin ich innerlich noch in diesem Gleichgewicht, bin ich noch in meiner Liebe zu mir selbst verankert? Und wenn ich merke, dass ich, aus welchem Grund auch immer, aus meiner Selbstliebe herausfalle, sofort darauf reagiere und mich ganz darum kümmere, wieder in diese Selbstliebe zu kommen.

Dies bedeutet unter Umständen, dass ich mich ganz zurückziehen muss von allem, was ich gerade tue. Dies muss aber nicht unbedingt so sein, es kommt darauf an, wie geübt ich in diesem „mich zurückholen in die Selbstliebe“ bin. Das muss jeder für sich selbst herausfinden...  Und das kann man lernen und üben. 

Auf jeden Fall, um dies noch einmal klar zu wiederholen, es ist in meiner eigenen Verantwortung und meine vorrangige Pflicht, dafür zu sorgen, dass ich in jedem Augenblick in meiner Liebe zu mir selbst bin. 

Ich sollte, so wie ich einen Gleichgewichtssinn für meinen Körper habe, auch einen „Selbstliebesinn“ für meinen „Gefühlskörper“ haben! Und genauso wie ich meinen Gleichgewichtssinn trainieren kann und ihm vertrauen sollte, genauso kann ich dies auch mit meinem „Selbstliebesinn“ tun!

Dies ist die Grundlage, der Boden für jegliches Sein und jeglicher menschlichen Weiterentwicklung. Jeglicher Umgang mit mir, mit anderen Menschen, mit Tieren, mit Pflanzen, der Mutter Erde, der gesamten Natur und allem was existiert wird ohne diese Selbstliebe destruktiv, verletzend und zerstörend!!!

Und leider ist es so, dass man genauso, wie man immer wieder mal sein Gleichgewicht verliert, auch immer wieder mal aus der Selbstliebe heraus fällt. Und dies somit eine lebenslange Sache ist, für die man wach sein sollte. Der eine mehr, der andere weniger. 

Wer denkt, er sei erleuchtet und müsse da nicht mehr hinspüren, der hat damit meist schon den ersten Schritt getan, um böse auf die Nase zu fallen. Egal ob großer Meister oder nicht, alle Menschen sind davon betroffen und niemand ist davor gefeit, aus dieser Selbstliebe heraus zu fallen. 

Und natürlich können Menschen, die sich nahe stehen, sich gegenseitig darauf hinweisen und dem anderen damit helfen. Sich gegenseitig immer wieder daran zu erinnern: „He, schau mal, ich glaub Du bist gerade dabei heraus zu fallen…“  oder  „Oh, merkst Du es nicht, Du bist gerade heraus gefallen, kümmere Dich doch mal um Dich“  und  „Kann ich Dir irgendwie helfen beim Aufstehen oder magst Du es lieber alleine probieren?“ Oder einfach nur Dasein für diesen Menschen und ihm die Liebe schenken, die er sich gerade nicht selbst geben kann. Aber bitte Vorsicht, mache niemanden abhängig von Deiner Liebe! 

Wer gerade gut in seiner Selbstliebe verankert ist, kann nun mit sicherem Stand, sich gut um alles im Außen kümmern. Solange, bis er merkt, hoppla, ich verliere grade meinen Selbstliebesinn, ups, da muss ich mich doch schnell mal um mich selbst kümmern. Denn nur so kann ich mich wieder ganz um die Welt draußen kümmern, aus einem sicheren Stand heraus, gut verankert in meiner Liebe für mich selbst. 

Und ja, zu lernen sich immer mehr und in allem was man ist anzunehmen und zu lieben, ist ein lebenslanger Prozess. Je genauer man sich selbst anschaut, desto mehr wird man alles in sich finden… ALLES, wirklich alles was menschlich ist, alle menschlichen Gedanken, Gefühle, Handlungen… alle Bedürfnisse, Ängste, Sehnsüchte, (Ab)Neigungen … alles, wirklich alles was wir bei anderen Menschen finden können, können wir auch in/an uns finden… es ist nur eine Frage der Tiefe & Breite, die wir bei unserer Selbsterfahrung zulassen.

Dies alles bei sich anzunehmen und zu lieben, bringt automatisch mit sich, dass ich es auch bei anderen Menschen annehmen und lieben kann. 

Dann wird es ein leichtes, andere Menschen anzunehmen und zu lieben.

Dies ist meiner Meinung nach die wichtigste Botschaft von Jesus Christus und allen anderen „großen Meistern“ in allen Zeiten.

Und BITTE, dies alles bedeutet nicht, dass man dann nur noch breit grinsend durch die Welt laufen muss und nur noch passiv ist!